BERICHT EXPERTENTELEFON „Sterbehilfe und Patientenverfügung“ am 12.04.2012
Auch in Deutschland sei alles erlaubt und geboten, was dem Patientenwillen entspricht, betont Wolfgang Putz – mit Ausnahme der direkt gewollten aktiven Tötung des Patienten, etwa durch die Injektion einer Giftspritze. Zur passiven und damit erlaubten Sterbehilfe zähle dagegen die Beendigung der künstlichen Ernährung oder der künstlichen Beatmung. Dies gelte auch dann, wenn die Beendigung der Therapie ein aktives Handeln wie etwa das Abschalten einer Beatmungsmaschine erfordere.
Vorsorgevollmacht macht auch in jungen Jahren Sinn
„Ab Vollendung des 18. Lebensjahres existiert kein gesetzlicher Vertreter mehr, daher macht die Errichtung einer Vorsorgevollmacht, etwa an die eigenen Eltern, schon mit Eintritt der Volljährigkeit Sinn“, betont Wolfgang Putz. Denn durch Krankheit oder einen Unfall kann es in jedem Alter passieren, dass man seinen Willen nicht mehr eigenverantwortlich artikulieren kann. Die Erteilung der Vorsorgevollmacht, so Wolfgang Putz, verhindere dann die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung durch das Betreuungsgericht. „Nach dem Willen des Gesetzgebers gehen familiäre Regelungen vor.“ Mit einer solchen Vorsorgevollmacht hat der jeweilige Angehörige oder eine andere Vertrauensperson weitreichende Kompetenzen, vor allem kann er eine eventuell vorliegende Patientenverfügung umsetzen. In einer solchen Verfügung sollte nach den Worten von Wolfgang Putz beispielsweise betont werden, dass man im Falle eines Wachkomas nicht durch künstliche Ernährung oder künstliche Beatmung lebensverlängernd ärztlich behandelt werden will.
Patientenverfügung ist bindend
Der in einer Patientenverfügung dargelegte Wille ist für die behandelnden Ärzte genauso wie für einen Betreuer oder Bevollmächtigten bindend. „Wer sich als Arzt darüber hinwegsetzt und einen Patienten gegen seinen Willen lebensverlängernd behandelt, macht sich heute strafbar“, betont Wolfgang Putz. Künstliche Ernährung, erläutert der Münchner Jurist, könne dann eine strafbare Körperverletzung darstellen. Falls keine Patientenverfügung vorliegt, gilt im Ernstfall der „mutmaßliche Wille des Patienten“. „Der jeweilige Betreuer muss ermitteln, wie man sich in dieser Situation mutmaßlich entschieden hätte“, erläutert Dr. Helene Ludewig. Dies geschehe auf der Grundlage früherer Äußerungen sowie der Überzeugungen und Wertvorstellungen des Patienten. Wenn es dabei kein klares Ergebnis gebe, werde nach allgemeinen Grundsätzen entschieden, dabei habe im Zweifel der Lebensschutz Vorrang, so die Notarin aus München.
Vorsorge für den letzten Gang
Nicht nur das Ende des Lebensweges, auch der Abschied vom Leben selbst ist heute kein Tabuthema mehr. Viele Menschen wollen ihn nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten, das gilt nicht zuletzt für die vielen Personen, die alleine leben oder keinen Kontakt zu ihren Verwandten haben. Mit einer Sterbegeldversicherung kann man schon zu Lebzeiten entsprechende Vorsorge treffen und zudem die Hinterbliebenen finanziell entlasten. Andrea König-Uber von den Ergo Direkt Versicherungen sagt: „Die Bestattungskosten sind regional unterschiedlich, zudem kommt es auf die Ausgestaltung des letzten Weges an. Wir raten unseren Kunden zu einer Absicherung in Höhe von mindestens 5.000 Euro.“ Damit könnten neben der Bestattung beispielsweise auch noch die Kosten der Wohnungsauflösung getragen werden. In einem sogenannten Vorsorgevertrag mit dem Bestatter, so König-Uber, könnten im Übrigen bereits alle Einzelheiten geregelt werden, die man sich für den letzten Weg wünscht. Die Kosten für diese Bestatter-Vorsorge können mit einer Sterbegeldversicherung gedeckt werden, die an den Bestatter abgetreten wird.
Patientenverfügung hinterlegen
Viele Anrufer wollten wissen, wie sie eine Patientenverfügung sinnvollerweise erstellen und wo sie sie hinterlegen sollen. Dr. Benedikt Selbherr: „Notar-Urkunden haben in einem solchen Fall einen höheren Beweiswert. Es kann nicht angezweifelt werden, dass der Betroffene die Verfügung selbst errichtet hat. Außerdem könne der Notar bei der Formulierung der Patientenverfügung hilfreich sein. Besonders wichtig sei die Mitwirkung eines Notars aber bei der Erteilung einer Vorsorgevollmacht. Eine Patientenverfügung sollte man“, so Dr. Selbherr, „zuhause bei den wichtigen Dokumenten aufbewahren.“ Viele würden eine Abschrift aber auch mit sich führen und eine weitere Kopie beim Hauarzt hinterlegen. „Unbedingt sollte man die Patientenverfügung zudem im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registrieren lassen.“
INFOKASTEN
Weitere Informationsquellen für Interessierte:
- www.patientenverfügung.de
(Homepage des Humanistischen Verbands Deutschlands, Bundeszentralstelle Patientenverfügung). - www.bmg.bund.de/praevention/patientenrechte/patientenverfuegung.htm
(Informationen des Bundesgesundheitsministeriums zum Thema Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht). - www.ergodirekt.de
(Homepage des Direktversicherers Ergo Direkt Versicherungen. Zur Produktpalette des Anbieters aus Fürth zählt auch eine Sterbegeldversicherung).
Am Telefon saßen für Sie:
Wolfgang Putz, Rechtsanwalt, München, ausschließliche Tätigkeit im Medizinrecht mit den Schwerpunkten Arzthaftungsrecht und Patientenrechte am Ende des Lebens, Lehrbeauftragter an der LMU München und Buchautor zum Thema
Dr. Helene Ludewig, Notarin aus München
Andrea König-Uber, Expertin für Sterbegeldversicherungen bei den Ergo Direkt Versicherungen, Fürth
• Dr. Benedikt Selbherr, Notar aus Weilheim in Oberbayern
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